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On the road again

  • brisieno
  • 29. Apr. 2023
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 5. Feb.

Tag 6, 14km, 3,5 Stunden

Lehesten – Probstzella


Da bin ich wieder unterwegs. Nach einer Übernachtung in Leipzig - Li hat sich ganz doll über die Nacht im Bulli bei Maren gefreut - ging es erst mit Zug und Bus nach Lehesten.


Irgendwie war es cool zu wissen, wo der Start liegt und wie es dort ist und jetzt von dort wieder zu starten.

Das Wetter war eher grau und nieselig, aber kein richtig doller Regen. Die Strecke an sich war sehr schön, aber anfangs viel Asphalt und dann reinste Schlammschlachten im Wald. Der Kolonnenweg war dann eher erholsam...

 

Heute gab es unterwegs gleich mehrere Stationen. Zunächst die Gedenkstätte für das KZ Laura, eine Außenstelle von Buchenwald. Dort mussten die Häftlinge neue Bomben für Hitler ausprobieren. Ich finde solche Plätze immer wieder gruselig: was Menschen Menschen antun können. Aber wichtig, es nicht zu vergessen!

 

KZ-Außenlager Laura

Von September 1943 bis April 1945 bestand das unter dem Decknamen "Laura" eingerichtete Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald nahe Schmiedebach im Thüringer Schiefergebirge. Nachdem die Raketenversuchsanstalt Peenemünde von alliierten Luftangriffen getroffen worden war, verlegte die Heeresführung die Waffenfertigung in zumeist abseits liegende Gegenden und Untertage. Aus Buchenwald abtransportierte Häftlinge mussten die Stollenanlage in der ehemaligen Schiefergrube Oertelsbruch weiter ausbauen und ein unterirdisches Sauerstoffwerk im Felsen errichten, um im Gelände Triebwerktests für die Raketenwaffe V2 durchführen zu können.

Die Gebäude des nahe gelegenen Landwirtschaftsgutes der Familie Oertel wurden erweitert und als Unterkunft für insgesamt über 2 600 Menschen genutzt. Die Häftlinge stammten aus zehn Nationen, vor allem aus Frankreich, Polen, der ehemaligen Sowjetunion, Italien und Belgien. Unter menschenunwürdigen Bedingungen mussten sie hier bis zur völligen Erschöpfung Zwangsarbeit leisten. Die schwere Grubenarbeit und die Misshandlungen forderten zahlreiche Opfer, mindestens 560 Menschen fanden in Laura den Tod. Am Morgen des 13. April 1945 evakuierte die SS das Lager, fast alle Häftlinge wurden in das KZ Dachau abtransportiert, nur wenige Kranke erlebten die Befreiung durch die amerikanische Armee am gleichen Tag.


Dann kam mitten im nirgendwo ein Stückchen alter Grenzzaun, wo früher Agenten ausgetauscht wurden.

Und anschließend die Steinbachmühle. Sie stand auf westlicher Seite und ist gut erhalten, während ihre Lagerräume und Keller auf der östlichen Bachseite zerstört wurden. Wieder mal ein Stück skurrile und doch auch tragische Geschichte.

 

Steinbachsmühle

Die Mühle wurde erstmals 1487 in einem Lehenbrief der Herrschaft Lauenstein erwähnt. Nach einem Brand 1687 wurde das Anwesen wieder aufgebaut, bestehend aus der Mühle einem Vieh- und Schafstall, einer Scheune und einem Wohnhaus. Ein Kellergewölbe auf der anderen Bachseite gehörte ebenfalls dazu.

Genau dort verlief von 1945-1990 die innerdeutsche Grenze im Steinbach. Die Mühle blieb bestehen, die Kellergewölbe wurden von den DDR-Grenztruppen gesprengt.


Und heute auch der erste erhaltene Grenzwachturm. Der beherbergt auch eine kleine Ausstellung, aber die Schlüssel dafür gab es leider erst am Zielort (und ich wollte nicht noch einmal den Berg wieder hoch). Das ist für heute Probstzella mit seinem mächtigen Haus des Volkes, ein Bauhaus-Objekt.


 

 

Außerdem befindet sich hier ein Museum, da Probstzella früher ein Übergangs-Bahnhof war. Leider war ich erst fünf Minuten vor Schließzeit da (http://grenzbahnhofmuseum.de/).


Hier habe ich in der Unterkunft den ersten GB-Wanderer getroffen, einen jungen Mann aus Berlin, der mit seinen Schwiegereltern unterwegs war. Er für ein paar Etappen, die beiden wollten das ganze Band gehen. Er kommt aus dem ehemaligen Ost-Berlin und fährt zur Arbeit immer in den Westen…

Eine weitere nette Begegnung gab es heute unterwegs: wieder einmal bin ich den ganzen Tag einsam durch die Gegend gelaufen, aber als ich die einzige Straße kreuzen musste, stand dort eine Gruppe Motorradfahrer auf dem Parkplatz. Die waren mindestens genauso erstaunt, dass plötzlich jemand aus dem Wald kam, wie ich, dass da so viele Menschen waren. J „Hätten wir das gewusst, hätten wir einen Windbeutel von Lauenstein mitgebracht.“

 

Mein Begleitzitat für die nächsten Tage stammt von Thor Heyerdahl:

"Grenzen... ich habe sie nie gesehen. Aber ich habe gehört, dass sie in den Köpfen anderer Menschen existieren."

In Anbetracht der heutigen Etappe können Grenzen sehr wohl sichtbar sein. Aber wie groß müssen die Grenzen im Kopf sein, um solche Anlagen zu ersinnen?


Unterkunft: Pension Bahnmeister in Probstzella*

Einfache, saubere Unterkunft ohne Verpflegung, aber Küche; Supermarkt gleich gegenüber

 

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