Herbstluft
- brisieno
- 29. Sept. 2024
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 7. Feb.
Tag 57, 30km, 6,45 Stunden
Zarrentin - Sande

Und ein paar Höhenmeter dazu! Ich dachte, es wird eine ganz entspannte Tour am See entlang, aber das Hinterland ist ganz schön wellig.
Die letzten Etappen sind im Gange! Noch einmal packen, noch einmal anreisen, noch einmal losgehen. Ich bin jetzt schon ein bisschen wehmütig.




Los ging's heute früh und ich hatte mir das Ende noch offen gelassen, ob ich komplett laufe oder den einzigen Bus nehme, auf den ich dann warten müsste. Es lief etwas schwerfällig heute, meine Achillessehne zwickte mal wieder, also Busvariante. Aber nach jeder Pause - und davon gab es heute mehrere an den schönsten Plätzen - dann doch wieder die Entscheidung zu laufen. Am Ende war das Café kurz vorm Ende ausschlaggebend. Und diesmal gab es auch wirklich Torte! :)
Am Anfang noch etwas viel Radweg, aber das Kranich-Schutzgebiet musste umlaufen werden. Von denen gab es auch sehr viele zu sehen und zu hören. Ansonsten viele schöne Waldwege und ein bisschen Kolonnenweg. Im Wald roch es wieder verdächtig nach Wild, aber zu hören war dieses Mal nix.
Hier gab es mal wieder Gebietsaustausche nach dem Krieg, „einfach mal so“. Die Entscheidung über Ost und West fiel am Kneipentisch zwischen Briten und Russen - die Bewohner mussten dann innerhalb eines Tages entscheiden, in welcher Zone sie leben wollten. Mit was für Folgen!
Gadebuscher Vertrag - oder Barber-Lyaschenko-Abkommen - vom 13. November 1945

"An alle Einwohner der Gemeinde Lassahn, durch ein Abkommen zwischen der engl. und russ. Militärregierung wird u.a. das Gebiet unserer Gemeinde in der Nacht vom 27. auf den 28. November von russischen Truppen besetzt. Die gesamte Bevölkerung muß bis heute, den 14.11.1945, 11 Uhr eine mündliche Erklärung abgegeben haben, wer evakuiert werden will oder nicht. Die Erklärung ist endgültig und kann nicht rückgängig gemacht werden."
Diese Ansage des Lassahner Bürgermeisters stellte das Leben von Hunderten Menschen in den bislang britisch besetzten Gebieten östlich des Schaalsees erneut auf den Kopf. Sie müssen sich innerhalb nur eines Tages entscheiden, ob sie unter sowjetischer Besatzung leben wollen - oder ihre Heimat innerhalb von zwei Wochen verlassen.
Dieser Beschluss wurde im Gadebuscher Gasthof "Goldener Löwe" offiziell vollzogen. Der Gadebuscher Vertrag ist auch als Barber-Lyaschenko-Abkommen bekannt, benannt nach dem Kommandeur der britischen Rheinarmee Colin Muir Barber und dem Generalmajor der Roten Armee, Nikolaj Lyaschenko.
Die Besatzungszonen sollten sich nach den bestehenden Landes- und Provinzgrenzen richten.
Doch an der bisherigen lauenburgisch-mecklenburgischen Grenze erweist sich eine derartige Einteilung vor allem für die Briten als Problem. Denn sie führt in den Folgemonaten dazu, dass die zu den britischen Gebieten östlich des Schaalsees führende Reichsstraße 208 (heute Bundesstraße 208) kurz hinter Ratzeburg von den Sowjets gesperrt wird, da sie durch deren Gebiet rund um die Gemeinde Ziethen führt. Die britischen Dörfer am Schaalsee sind somit logistisch schwer zu erreichen.
Aus diesen Gründen drängt die britische Militärführung auf den Gebietstausch mit den Russen.
Was wie ein formaler Verwaltungsakt klingt, hat für die Bevölkerung in den östlich des Schaalsees gelegenen Gemeinden binnen Tagen grundlegende und dramatische Folgen - nicht nur, weil alles sehr schnell gehen muss:
"Oma war gerade beim Buttern, als die Nachricht vom Gebietstausch kam. Der Vater besaß ein Fischerboot, mit dem er das meiste Hab und Gut nach Niendorf herüberbrachte. Alles was sich transportieren ließ, wurde mitgenommen, Hausstand, zwei Kühe, Stroh, Holz zum Feuern. Den letzten Rest verlud man auf einen Lkw, der dann vom Stintenburger Werder mit der Fähre nach Groß Zecher gebracht wurde."
Zum einen ist die Angst vor den sowjetischen Besatzern ein Grund, dem britischen Angebot der Evakuierung zu folgen. Zum anderen dürften auch wirtschaftliche Überlegungen eine Rolle gespielt haben. Denn diejenigen, die unter den Sowjets bleiben wollen, dürfen nur wenige Dinge behalten:
"Wer nicht evakuiert werden will, behält höchstens: 1 Pferd, 1 Kuh, 1 Schwein, 1 Schaf, 1 Wagen, 1 Egge, 1 Pflug, also höchstens 1 Stück von jeder Sorte. Alle anderen Tiere und Sachen werden evtl. zwangsweise evakuiert.", sowie Lebensmittel für nur 30 Tage erlaubt. Etwa 90 Prozent folgen Aufruf zur Evakuierung - trotz ungewisser Zukunft.
Zitat to go:
Es gehört wohl zum schönsten, was es gibt, sich ein Land zu erwandern. (Erika Hubatschek)
Ich glaube schon! So vieles bleibt verborgen, wenn man mit dem Auto oder dem Zug fährt. Die kleinen Kostbarkeiten am Wegesrand, die Begegnungen und Geschichten anderer Menschen. Auf dieser Strecke ganz bestimmt!
Unterkunft: Sande 7 in Sande**
Uriges Zimmer in ehemaliger Scheune, tolles, regionales Frühstück, leider etwas abseits des Weges und keine Abendessenmöglichkeit
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